Ein BBC Online Kurzinterview mit dem legendären Reverend Jesse Jackson. Er war ist vor allem durch seinen Einsatz als amerikanischer Bürgerrechts-Kämpfer der schwarzen US-Bevölkerung bekannt und als enger Mitarbeiter des 1968 in Tennessee ermordeten Dr. Martin Luther King.
In seiner politischen Laufbahn kanditierte Demokrat Jackson 1984 als zweiter Afro-Amerikaner als schwarzer Präsident. Die Früchte seiner harten Arbeit, wie er beschreibt, wurden nun durch die Wahl Barrack Obamas geerntet.
Jackson, auch bekannt durch seine kritischen Äußerungen des in den 1970er Jahren amtierenden israelischen Präsidenten Menachem Begin, setzte sich auch für internationale politische Belange ein. So hielt er eine Rede vor hunderttausenden von Demonstraten am 15. Februar 2003 in London gegen den Einzug amerikanisch-britischer Truppen in Afghanistan und engagierte sich bei der Beweissammlung gegen das mutmaßlich verfälschte Wahlergebnis im US Bundesstaat Ohio bei den Präsidentschaftswahlen 2004, bei der George Bush das zweite Mal gewann.
http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/7968897.stm
Sunday, March 29, 2009
Friday, March 27, 2009
Dalai Lama Besuchsverbot
Für großen internationalen Aufruhr sorgte die südafrikanische Regierung mit dem Einreiseverbot des Dalai Lamas für eine geplante Friedenskonferenz.
Die Regierung begründete Ihre Entscheidung mit den knappen Worten, daß sein Besuch vom eigentlichen Thema ablenken könnte. Die Konferenz widmet sich der Frage, wie die kommende Fußball WM in Südafrika auch als ein Medium für den Frieden genützt werden könnte.
Ein klarer Interessenskonflikt macht sich breit, da die Regierung wohl befürchtet, daß der Dalai Lama auch auf die neuerlichen Unruhen in Tibet hinweisen wird.
Wohl hat die Regierung aus ihrer eigenen Geschichte das Falsche gelernt und befürchtet nun, daß vereinte, multirassistische Kräfte, wie demonstriert durch Ex-Präsidenten Mandela’s Führung des ANC während der Apartheid, etwas bewirken könnte, daß sich nicht mit den wirtschaftlichen
Interessen des Landes vereinbaren lässt.
Südafrikas wichtigster Handelspartner ist China, das sich wiederum besonders gut mit rohstoffreichen Ländern wie Angola, Nigerien, Sudan und Äthiopien versteht. Die Frage, wie und ob sich der Weltfrieden mit Erdöl messen kann, ist eine, die bis auf Weiters ungeklärt bleiben wird.
Im internationalen Beilagenteil der taz wurde zum Beispiel über die Nebeneffekte dieser afrikanisch-chinesischen Beziehung berichtet. Sambia wie Simbabwe, als eines der wichtigsten Importeure für China, sehen sich plötzlich „mit Plunder aus China nur so überschwemmt“.
So schildert die Autorin Nicola Liebert (Le Monde dipolmatique), daß es in Simbabwe es ein eigenes Wort für chinesischen Billigramsch gibt: Zhing-zhong. Zhing-zhong ist, wenn man einen chinesischen Fernseher kauft, der beim ersten Stromausfall – und dazu kommt es häufig in Simbabwe – den Geist aufgibt, und wenn einem dann der ebenfalls chinesische Händler mitteilt, dass es darauf selbstverständlich keine Garantie gibt. Zhing-zhong sind auch die Kondome, die ständig platzen, angeblich, weil sie für viel kleinere Männer gemacht sind. Doch Mugabe ist offensichtlich so abhängig von den chinesischen Lieferungen, dass Lästern inzwischen verboten ist. Denn, nach Lieberts Befragungen eines Exilsimbabwers, ein Wort, das dich für ein paar Tage, wenn nicht für Wochen, in den Knast bringen kann, ist Zhing-zhong.
Taz, Le Monde dipolmatique, Nicola Liebert Zhing-zhong für Afrika, März 2009
Die Regierung begründete Ihre Entscheidung mit den knappen Worten, daß sein Besuch vom eigentlichen Thema ablenken könnte. Die Konferenz widmet sich der Frage, wie die kommende Fußball WM in Südafrika auch als ein Medium für den Frieden genützt werden könnte.
Ein klarer Interessenskonflikt macht sich breit, da die Regierung wohl befürchtet, daß der Dalai Lama auch auf die neuerlichen Unruhen in Tibet hinweisen wird.
Wohl hat die Regierung aus ihrer eigenen Geschichte das Falsche gelernt und befürchtet nun, daß vereinte, multirassistische Kräfte, wie demonstriert durch Ex-Präsidenten Mandela’s Führung des ANC während der Apartheid, etwas bewirken könnte, daß sich nicht mit den wirtschaftlichen
Interessen des Landes vereinbaren lässt.
Südafrikas wichtigster Handelspartner ist China, das sich wiederum besonders gut mit rohstoffreichen Ländern wie Angola, Nigerien, Sudan und Äthiopien versteht. Die Frage, wie und ob sich der Weltfrieden mit Erdöl messen kann, ist eine, die bis auf Weiters ungeklärt bleiben wird.
Im internationalen Beilagenteil der taz wurde zum Beispiel über die Nebeneffekte dieser afrikanisch-chinesischen Beziehung berichtet. Sambia wie Simbabwe, als eines der wichtigsten Importeure für China, sehen sich plötzlich „mit Plunder aus China nur so überschwemmt“.
So schildert die Autorin Nicola Liebert (Le Monde dipolmatique), daß es in Simbabwe es ein eigenes Wort für chinesischen Billigramsch gibt: Zhing-zhong. Zhing-zhong ist, wenn man einen chinesischen Fernseher kauft, der beim ersten Stromausfall – und dazu kommt es häufig in Simbabwe – den Geist aufgibt, und wenn einem dann der ebenfalls chinesische Händler mitteilt, dass es darauf selbstverständlich keine Garantie gibt. Zhing-zhong sind auch die Kondome, die ständig platzen, angeblich, weil sie für viel kleinere Männer gemacht sind. Doch Mugabe ist offensichtlich so abhängig von den chinesischen Lieferungen, dass Lästern inzwischen verboten ist. Denn, nach Lieberts Befragungen eines Exilsimbabwers, ein Wort, das dich für ein paar Tage, wenn nicht für Wochen, in den Knast bringen kann, ist Zhing-zhong.
Taz, Le Monde dipolmatique, Nicola Liebert Zhing-zhong für Afrika, März 2009
Friday, March 20, 2009
Billy Wilder
Denkt man an die Filme des legendären Regisseurs Billy Wilder, dann fallen einem zuerst die Szenen aus seinen zahlreichen Komödien ein. Da lächelt einem die reizende Fran Kubelik alias Shirley Maclaine aus dem Fahrstuhl entgegen, sorgen Jack Lemmon und Tony Curtis als Frauen verkleidet in einem Damenorchester für Aufregung oder steht Marilyn Monroe lasziv-kokett direkt über einem U-bahnschacht und lässt ihr weißes Kleid vom einfahrenden Zug in die höhe wirbeln.
Der Regisseur und Drehbuchautor Billy Wilder, geehrt mit sechs und nominiert für zwölf Oscars - und viele weitere Auszeichnungen - war ein Meister im erzählen von Komödien, Dramen und Thriller. Gute Drehbücher und Rollen zu schreiben, die weder das Publikum noch die Schauspieler langweilten, war sein oberstes Gebot. Den Inhalt der Filme würzte er mit seinen Lieblingsingredienzien: ein wenig Sarkasmus und ein Schuss nett gemeinter Boshaftigkeit. Seine Antihelden - liebenswerte Schwindler, Polizisten und Ehemänner auf amourösen Abwegen oder Ehefrauen mit Mordplänen - gerieten stets in ein Netz aus Leidenschaft, Gier und Schwäche. Damit gelang es Wilder, wie scheinbar durch Zufall und ohne erhobenem Zeigefinger, die hochgehaltene Gesellschaftsmoral als äußerst fadenscheinig zu entlarven. „Wenn du leuten die Wahrheit sagst, dann besser auf eine komische Art, sonst bringen sie dich um“, hat man ihn einmal sagen hören.
Geboren wurde Billy Wilder am 22. juni 1906 als Samuel Wilder in Sucha im heutigen polnischen Staatsgebiet der ehemals österreichisch-ungarischen Monarchie. Seine Mutter nannte ihn „Billie“, nach einem Buffallo Bill-Musical am Broadway, das sie in ihren Mädchenjahren in New York gesehen hatte.
Aus Angst vor den Truppen des Zaren, die das Gebiet des heutigen Polen nach dem Attentat auf den Thronfolger der damaligen Monarchie, Franz Ferdinand, besetzten, flüchtete die Familie wilder einige Jahre später nach Wien. Wilder wurde weder Anwalt noch Steuerberater, wie die Eltern es sich erhofft hatten, sondern er wurde Reporter bei der Boulevardzeitung Die Stunde. Besonders stolz erzählte Wilder zu mehreren Gelegenheiten über das nie stattgefundene Interview mit Siegmund Freud. „Durch den Türspalt des Wartezimmers sah ich sein ordinationszimmer mit der Couch – viel kleiner als ich gedacht hatte. Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür vom Speisezimmer, und da stand Freud vor mir, viel kleiner als ich gedacht hatte. „Sind sie der Reporter?“, fragte er „Jawohl, Herr Professor!“ Dort ist die Tür!“.“ erzählte er in Hellmuth Karaseks Biographie Billy Wilder - eine Nahaufnahme.
Seine Bekanntschaft mit US-Jazzmusiker Paul Whiteman führte ihn schließlich nach Berlin. Wilder ließ sich mitreissen von der kreativen Energie, die diese Stadt elektrisierte. Zu einer Zeit, als Marlene Dietrich noch in Bars sang und die Universum-film-ag (ufa) das „Hollywood Europas“ war. Er schlug sich als Reporter durch und knüpfte als Ghostwriter für Stummfilm-Drehbücher seinen ersten Kontakt zur Filmwelt. Für kurze Zeit war er auch „Eintänzer“ reicher Frauen im Hotel Eden. „Es war ein dauernder Kampf. Ich tanzte Foxtrott, sie Polka“, erinnerte er sich an diese Zeit.
Wilder schaffte den Sprung zum Drehbuchautor. Er verfasste das Skript für die
von Freunden produzierte, wunderbare (Stumm-)Filmdokumentation Menschen am Sonntag (1930) und schrieb das Drehbuch für Emil und die Detektive (1931). Einen Tag nach dem Reichstagsbrand 1933 stieg Wilder, seine Wohnung und sein Auto durch eine dunkle Vorahnung schon vorher verkauft, in einen Zug nach Paris. Von dort aus fuhr er weiter nach New York, wo sich sein Bruder William einige Jahre zuvor als Handtaschenfabrikant niedergelassen hatte. Auch William versuchte sich später als Filmemacher in Hollywood, allerdings ohne sich je einen namen zu machen.
Mein Artikel über Billy Wilder ist unter dem Titel Vitality in Life in der aktuellen Märzausgabe im pool_26 nachzulesen.
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=613&iid=26
Der Regisseur und Drehbuchautor Billy Wilder, geehrt mit sechs und nominiert für zwölf Oscars - und viele weitere Auszeichnungen - war ein Meister im erzählen von Komödien, Dramen und Thriller. Gute Drehbücher und Rollen zu schreiben, die weder das Publikum noch die Schauspieler langweilten, war sein oberstes Gebot. Den Inhalt der Filme würzte er mit seinen Lieblingsingredienzien: ein wenig Sarkasmus und ein Schuss nett gemeinter Boshaftigkeit. Seine Antihelden - liebenswerte Schwindler, Polizisten und Ehemänner auf amourösen Abwegen oder Ehefrauen mit Mordplänen - gerieten stets in ein Netz aus Leidenschaft, Gier und Schwäche. Damit gelang es Wilder, wie scheinbar durch Zufall und ohne erhobenem Zeigefinger, die hochgehaltene Gesellschaftsmoral als äußerst fadenscheinig zu entlarven. „Wenn du leuten die Wahrheit sagst, dann besser auf eine komische Art, sonst bringen sie dich um“, hat man ihn einmal sagen hören.
Geboren wurde Billy Wilder am 22. juni 1906 als Samuel Wilder in Sucha im heutigen polnischen Staatsgebiet der ehemals österreichisch-ungarischen Monarchie. Seine Mutter nannte ihn „Billie“, nach einem Buffallo Bill-Musical am Broadway, das sie in ihren Mädchenjahren in New York gesehen hatte.
Aus Angst vor den Truppen des Zaren, die das Gebiet des heutigen Polen nach dem Attentat auf den Thronfolger der damaligen Monarchie, Franz Ferdinand, besetzten, flüchtete die Familie wilder einige Jahre später nach Wien. Wilder wurde weder Anwalt noch Steuerberater, wie die Eltern es sich erhofft hatten, sondern er wurde Reporter bei der Boulevardzeitung Die Stunde. Besonders stolz erzählte Wilder zu mehreren Gelegenheiten über das nie stattgefundene Interview mit Siegmund Freud. „Durch den Türspalt des Wartezimmers sah ich sein ordinationszimmer mit der Couch – viel kleiner als ich gedacht hatte. Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür vom Speisezimmer, und da stand Freud vor mir, viel kleiner als ich gedacht hatte. „Sind sie der Reporter?“, fragte er „Jawohl, Herr Professor!“ Dort ist die Tür!“.“ erzählte er in Hellmuth Karaseks Biographie Billy Wilder - eine Nahaufnahme.
Seine Bekanntschaft mit US-Jazzmusiker Paul Whiteman führte ihn schließlich nach Berlin. Wilder ließ sich mitreissen von der kreativen Energie, die diese Stadt elektrisierte. Zu einer Zeit, als Marlene Dietrich noch in Bars sang und die Universum-film-ag (ufa) das „Hollywood Europas“ war. Er schlug sich als Reporter durch und knüpfte als Ghostwriter für Stummfilm-Drehbücher seinen ersten Kontakt zur Filmwelt. Für kurze Zeit war er auch „Eintänzer“ reicher Frauen im Hotel Eden. „Es war ein dauernder Kampf. Ich tanzte Foxtrott, sie Polka“, erinnerte er sich an diese Zeit.
Wilder schaffte den Sprung zum Drehbuchautor. Er verfasste das Skript für die
von Freunden produzierte, wunderbare (Stumm-)Filmdokumentation Menschen am Sonntag (1930) und schrieb das Drehbuch für Emil und die Detektive (1931). Einen Tag nach dem Reichstagsbrand 1933 stieg Wilder, seine Wohnung und sein Auto durch eine dunkle Vorahnung schon vorher verkauft, in einen Zug nach Paris. Von dort aus fuhr er weiter nach New York, wo sich sein Bruder William einige Jahre zuvor als Handtaschenfabrikant niedergelassen hatte. Auch William versuchte sich später als Filmemacher in Hollywood, allerdings ohne sich je einen namen zu machen.
Mein Artikel über Billy Wilder ist unter dem Titel Vitality in Life in der aktuellen Märzausgabe im pool_26 nachzulesen.
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=613&iid=26
Thursday, March 19, 2009
Der Papst und sein Kreuz mit dem Tabu
Während seines Afrikabesuches sprach der Papst sich erneut gegen den Gebrauch von Kondomen aus und einmal mehr die Hartnäckigkeit der Kirche in ihrer vielfach kritisierten Ansicht über (vorehelichen) Geschlechtsverkehr.
Es hagelte den üblichen Sturm von medialen Kritiken. Soundbites von Befürwortern und Gegnern, auch innerhalb der kirchlichen Institutionen. Unter ihnen zum Beispiel die Stimme eines Seelsorgers, für die nicht die Kondome im Zentrum der Diskussion stehen sollten, sondern die von den Medien selektiv präsentierten Meldungen des Pontifex. So lese man den vollen Inhalt und Zusammenhang der gesprochenen Worte seiner Heiligkeit nur in katholischen Publikationen sagte dieser. Denn genau genommen befürwortet der Papst nämlich Enthaltsamkeit und Erziehung als die längerfristig wirksamere Methode.
Ein anderer Seelsorger erzählt wie er durch Gespräche mit Afrikanern aus erster Hand das eigentliche Problem geschildert bekam: über Sex zu sprechen ist in Afrika größtenteils Tabu und es sind vor allem die Männer, mit denen darüber nicht diskutiert werden kann. Ein Kondom ist ein Affront gegenüber ihrer Männlichkeit und deshalb werden sie auch nie eines benutzen. Und ganz nebenbei fiel der Satz, daß in katholischen Medien sehr wohl zu lesen sei, daß die Frauen besser informiert werden müssten.
Dieses Argument ist mit Sicherheit eines der wichtigsten. In einigen Regionen Afrikas gilt es für die Frau nach wie vor als Sünde, vor dem Sex feucht zu werden. Um das zu vermeiden, lassen sich diese die abenteuerlichsten Methoden einfallen. Die Verwendung von Backpulver ist nur ein mildes Beispiel. Viele Frauen erleiden schwerste Verletzungen wenn diese in ihrer Verzweiflung zu Mittel wie Haushaltschemikalien greifen.
Somit läuft wieder einmal alles auf die leidige Aufklärung hinaus. Mit großer Sicherheit ist jedoch nicht zu erwarten, daß der Papst sich selbst ans Lehrerpult stellen wird, um über Bienen und Blumen zu erzählen. Oder über die Verantwortung und den Respekt gegenüber seiner sexuellen Partner. Bei soviel Schamgefühl von beiden Seiten wird die vornehm gepredigte Erziehung wieder nur in schöne Rhetorik versickern. Die Kardinalsfrage lautet aber: und warum ist eine Männersache letztendlich doch Frauensache?
Es hagelte den üblichen Sturm von medialen Kritiken. Soundbites von Befürwortern und Gegnern, auch innerhalb der kirchlichen Institutionen. Unter ihnen zum Beispiel die Stimme eines Seelsorgers, für die nicht die Kondome im Zentrum der Diskussion stehen sollten, sondern die von den Medien selektiv präsentierten Meldungen des Pontifex. So lese man den vollen Inhalt und Zusammenhang der gesprochenen Worte seiner Heiligkeit nur in katholischen Publikationen sagte dieser. Denn genau genommen befürwortet der Papst nämlich Enthaltsamkeit und Erziehung als die längerfristig wirksamere Methode.
Ein anderer Seelsorger erzählt wie er durch Gespräche mit Afrikanern aus erster Hand das eigentliche Problem geschildert bekam: über Sex zu sprechen ist in Afrika größtenteils Tabu und es sind vor allem die Männer, mit denen darüber nicht diskutiert werden kann. Ein Kondom ist ein Affront gegenüber ihrer Männlichkeit und deshalb werden sie auch nie eines benutzen. Und ganz nebenbei fiel der Satz, daß in katholischen Medien sehr wohl zu lesen sei, daß die Frauen besser informiert werden müssten.
Dieses Argument ist mit Sicherheit eines der wichtigsten. In einigen Regionen Afrikas gilt es für die Frau nach wie vor als Sünde, vor dem Sex feucht zu werden. Um das zu vermeiden, lassen sich diese die abenteuerlichsten Methoden einfallen. Die Verwendung von Backpulver ist nur ein mildes Beispiel. Viele Frauen erleiden schwerste Verletzungen wenn diese in ihrer Verzweiflung zu Mittel wie Haushaltschemikalien greifen.
Somit läuft wieder einmal alles auf die leidige Aufklärung hinaus. Mit großer Sicherheit ist jedoch nicht zu erwarten, daß der Papst sich selbst ans Lehrerpult stellen wird, um über Bienen und Blumen zu erzählen. Oder über die Verantwortung und den Respekt gegenüber seiner sexuellen Partner. Bei soviel Schamgefühl von beiden Seiten wird die vornehm gepredigte Erziehung wieder nur in schöne Rhetorik versickern. Die Kardinalsfrage lautet aber: und warum ist eine Männersache letztendlich doch Frauensache?
Wednesday, March 18, 2009
Post-Krisen Szenarien der Gegenwart
Ein „utopisches“ wenngleich auch höchst interessantes Wochenthema in der Zeitung Freitag, zum Thema Krise.
Drei Autoren beschreiben mögliche, sich aus der Krise heraus entwickelnde neue Gesellschaftssysteme.
Szenario 1 von Hans Thie sieht eine drei nötige Entwicklungsstationen, um zum Ziel, einer bunt bevölkerten Station zu gelangen, in der Wissenschaft, Kultur und Kunst zu Hause sind; alles frei und kostenlos ist und global Anerkenntnis als Leitmotiv herrscht. „Vor allem die Menschen sind in ihrem Wesen weicher. Weniger Hochmut und Demutsgesten. Kaum noch Verachtung und blinder Zorn.“
Szenario 2 von Niels Boeing prognostiziert das langsame Ende der Überkommunikation und der Entwicklung eines sozialen Internets. Online-Communities, die ihr Know-How auf lokale Initiativen übertragen. Jedoch bewirkt der Zusammenbruch der Volkswirtschaft und des Finanzsektors auch den der Telekommunikationsfirmen. Es entstehen wackelige Freifunknetze, Menschen schließen ihre Computer zusammen, vergleichbar den überladenen Stromleitungen nach dem Millenium in Georgien. Der Zusammenbruch ist ein Nährboden für lokale Produktion und lokale Demokratie.
Szenario 3
von Ulrike Baureithel meint, daß der Verlauf der Kernschmelze des Systems nur wenige voraussagen zu wagen. Was aber passiert wirklich, wenn es keine Arbeit mehr gibt, die Zahlungen ins Stocken geraten. Die Leute müssen essen, also organisieren sich sich in (Food) Coops. Die Idee des Wirkenswesens stammt von jener der Peer-Group-Kooperation, die vorraussetzt, daß zum einen Eigentum durch Besitz und Nutzung ersetzt wird, und dass zum anderen Menschen willens sind, ihr Wissen einzubringen.
Baureithel schließt mit der soweit zu beurteilen, „realistischeren“ Prognose: Ob aus der Postapokalypse ein Laboratorium des Gemeinsinns und Gemeinwesens entstehen kann, wird entscheidend davon abhängen, ob die von der Krise Freigestellten nicht um das nackte Überleben kämpfen müssen. Not macht erfinderisch aber nicht frei.
Alle drei Szenarien, so scheint es, sind wohl weniger global, als sie glauben, als für die westliche Welt ausgerichtet. Wie aber sieht es aus in den Dritte Welt Ländern, wenn wir schon den Strom mit dem Nachbarn teilen, der ihn wiederum von der einzigen Leitung, die es noch gibt, herleitet?
Auf diese Frage vermag Wirtschafts-Nobel-Preisträger Paul Krugmann eine mögliche Antwort geben. Er spricht „von einer Mutter aller Krisen, von der keiner weiß, wie lange sie andauern wird, außer, wir fänden einen anderen Planeten, auf den wir exportieren könnten.“ Diese unerfreuliche Vorhersage ist leider nicht anderes als eine allzu wahrheitsgetreue Momentaufnahme über die vermutlich letzten, verzweifelten Atemzügen des Kapitalismus.
In Ghana gewinnen fast 500,000 Menschen in aufwendigster Kleinarbeit täglich 13 Kilogramm Gold; große Flächen des Regenwalds werden großzügig gerodet und Abwässer der Minengesellschaften einfach in den Fluss, der Lebensquelle von dortigen Einwohnern, gekippt. So, als gäbe es kein Morgen. Und die Tatsache eines fehlenden außerirdischen Handelspartners verdrängend.
Quellen:
der Freitag, Nr. 13, Wochenthema, 12. März 2009
Ö1 Nachrichten, Bericht/Interview Paul Krugmann, 17. März 2009
Die Presse, Goldrausch in Ghana-auf der Spur der Gier, Sonntag, 12. März 2009
Drei Autoren beschreiben mögliche, sich aus der Krise heraus entwickelnde neue Gesellschaftssysteme.
Szenario 1 von Hans Thie sieht eine drei nötige Entwicklungsstationen, um zum Ziel, einer bunt bevölkerten Station zu gelangen, in der Wissenschaft, Kultur und Kunst zu Hause sind; alles frei und kostenlos ist und global Anerkenntnis als Leitmotiv herrscht. „Vor allem die Menschen sind in ihrem Wesen weicher. Weniger Hochmut und Demutsgesten. Kaum noch Verachtung und blinder Zorn.“
Szenario 2 von Niels Boeing prognostiziert das langsame Ende der Überkommunikation und der Entwicklung eines sozialen Internets. Online-Communities, die ihr Know-How auf lokale Initiativen übertragen. Jedoch bewirkt der Zusammenbruch der Volkswirtschaft und des Finanzsektors auch den der Telekommunikationsfirmen. Es entstehen wackelige Freifunknetze, Menschen schließen ihre Computer zusammen, vergleichbar den überladenen Stromleitungen nach dem Millenium in Georgien. Der Zusammenbruch ist ein Nährboden für lokale Produktion und lokale Demokratie.
Szenario 3
von Ulrike Baureithel meint, daß der Verlauf der Kernschmelze des Systems nur wenige voraussagen zu wagen. Was aber passiert wirklich, wenn es keine Arbeit mehr gibt, die Zahlungen ins Stocken geraten. Die Leute müssen essen, also organisieren sich sich in (Food) Coops. Die Idee des Wirkenswesens stammt von jener der Peer-Group-Kooperation, die vorraussetzt, daß zum einen Eigentum durch Besitz und Nutzung ersetzt wird, und dass zum anderen Menschen willens sind, ihr Wissen einzubringen.
Baureithel schließt mit der soweit zu beurteilen, „realistischeren“ Prognose: Ob aus der Postapokalypse ein Laboratorium des Gemeinsinns und Gemeinwesens entstehen kann, wird entscheidend davon abhängen, ob die von der Krise Freigestellten nicht um das nackte Überleben kämpfen müssen. Not macht erfinderisch aber nicht frei.
Alle drei Szenarien, so scheint es, sind wohl weniger global, als sie glauben, als für die westliche Welt ausgerichtet. Wie aber sieht es aus in den Dritte Welt Ländern, wenn wir schon den Strom mit dem Nachbarn teilen, der ihn wiederum von der einzigen Leitung, die es noch gibt, herleitet?
Auf diese Frage vermag Wirtschafts-Nobel-Preisträger Paul Krugmann eine mögliche Antwort geben. Er spricht „von einer Mutter aller Krisen, von der keiner weiß, wie lange sie andauern wird, außer, wir fänden einen anderen Planeten, auf den wir exportieren könnten.“ Diese unerfreuliche Vorhersage ist leider nicht anderes als eine allzu wahrheitsgetreue Momentaufnahme über die vermutlich letzten, verzweifelten Atemzügen des Kapitalismus.
In Ghana gewinnen fast 500,000 Menschen in aufwendigster Kleinarbeit täglich 13 Kilogramm Gold; große Flächen des Regenwalds werden großzügig gerodet und Abwässer der Minengesellschaften einfach in den Fluss, der Lebensquelle von dortigen Einwohnern, gekippt. So, als gäbe es kein Morgen. Und die Tatsache eines fehlenden außerirdischen Handelspartners verdrängend.
Quellen:
der Freitag, Nr. 13, Wochenthema, 12. März 2009
Ö1 Nachrichten, Bericht/Interview Paul Krugmann, 17. März 2009
Die Presse, Goldrausch in Ghana-auf der Spur der Gier, Sonntag, 12. März 2009
Tuesday, March 17, 2009
Grosnys verlorene Kinder
In diesem Bericht aus der Serie Witness begleitet Ragi Omar den Arzt Khassan Baiev, der in seine Heimat Tschetschenien zurückgekehrt ist, um sich der schweren Hinterlassenschaft des Krieges anzunehmen. Damit ist auch die Zukunft seines Landes gemeint: nämlich die unzähligen Kinder, die während russischer Anschläge Ende der 1990er Jahre Arme und Beine verloren haben. Oder auf den immer noch unentschärften 500,000 Minenfeldern durch Unglücksfälle zu Opfern werden. Eine internationale Entschärfungskommission wurde von russischer Seite abgewiesen, seitdem bleiben große Flächen von Land unbrauchbar.
Eine Schwester vom Grosny State Kinderspital erzählt, daß Behinderungen bei Kindern nach Kriegsende stark zugenommen haben. So kamen viele Babys mit Gehirnschäden zur Welt oder anderen krankhaften Symptomen, die das Zentralnervensystem angreifen.
Dr. Baiev sieht sich mit einem anderen Phänomen konfrontiert: Kinder, die mit gespaltener Lippe geboren werden, das ihnen Nahrungsaufnahme schwierig und schmerzhaft macht. Eine direkte Folge der Schockeinwirkung, die schwangere Frauen damals in Panik und Sorge um sich und ihre Familien erfahren haben. „Vor dem Krieg habe ich vielleicht ein oder zwei solcher Kinder gesehen...nun beinahe jeden Tag,“ sagt Dr. Baiev erschüttert.
Nach seinem Dienst im Krankenhaus fährt er in ein abgelegenes kleines Dorf nahe der Grenze zu Inguschetien. Dort besucht er den 14-jährigen Muslim, der bei einem Spaziergang durch einen Friedhof über eine Granate stolperte, die explodierte.
Dr. Baviev hat dem Jungen versprochen, das nötige Geld für zwei Prothesen zu sammeln, die besser auf seine Beine passen, als die ungenauen vom staatlichen Krankenhaus. Der Junge soll wieder Fußballspielen können. Bis dahin muß er mit seinem Rollstuhl auf unebenem Erdboden zurechtkommen.
Für die vielen Eltern ist Dr. Baiev ein Held. Auch während des Krieges hat er im Keller seines Wohnhauses Notoperationen durchgeführt, um so viele Leben zu retten, als ihm nur möglich war.
„Ich bin keine Maschine...nur ein Mensch. Ich brauche Zeit, um das alles wieder vergessen zu können...Nein, ich bin kein Held...nur ein Doktor. Ein Mensch,“ sagt er mit tränenerstickter Stimme.
Der zweiteilige Bericht aus der Serie Witness vom Nachrichtensender Aljazeera zu finden unter:
http://de.youtube.com/watch?v=HLgVO8jo5vg&feature=channel
Eine Schwester vom Grosny State Kinderspital erzählt, daß Behinderungen bei Kindern nach Kriegsende stark zugenommen haben. So kamen viele Babys mit Gehirnschäden zur Welt oder anderen krankhaften Symptomen, die das Zentralnervensystem angreifen.
Dr. Baiev sieht sich mit einem anderen Phänomen konfrontiert: Kinder, die mit gespaltener Lippe geboren werden, das ihnen Nahrungsaufnahme schwierig und schmerzhaft macht. Eine direkte Folge der Schockeinwirkung, die schwangere Frauen damals in Panik und Sorge um sich und ihre Familien erfahren haben. „Vor dem Krieg habe ich vielleicht ein oder zwei solcher Kinder gesehen...nun beinahe jeden Tag,“ sagt Dr. Baiev erschüttert.
Nach seinem Dienst im Krankenhaus fährt er in ein abgelegenes kleines Dorf nahe der Grenze zu Inguschetien. Dort besucht er den 14-jährigen Muslim, der bei einem Spaziergang durch einen Friedhof über eine Granate stolperte, die explodierte.
Dr. Baviev hat dem Jungen versprochen, das nötige Geld für zwei Prothesen zu sammeln, die besser auf seine Beine passen, als die ungenauen vom staatlichen Krankenhaus. Der Junge soll wieder Fußballspielen können. Bis dahin muß er mit seinem Rollstuhl auf unebenem Erdboden zurechtkommen.
Für die vielen Eltern ist Dr. Baiev ein Held. Auch während des Krieges hat er im Keller seines Wohnhauses Notoperationen durchgeführt, um so viele Leben zu retten, als ihm nur möglich war.
„Ich bin keine Maschine...nur ein Mensch. Ich brauche Zeit, um das alles wieder vergessen zu können...Nein, ich bin kein Held...nur ein Doktor. Ein Mensch,“ sagt er mit tränenerstickter Stimme.
Der zweiteilige Bericht aus der Serie Witness vom Nachrichtensender Aljazeera zu finden unter:
http://de.youtube.com/watch?v=HLgVO8jo5vg&feature=channel
Monday, March 16, 2009
Die Kunst in den Blondinenwitzen
Über einen Blondinenwitz kann bald einmal gelacht werden, einen erfinden mag schon schwieriger erscheinen und dessen Sinn können nur die wenigsten erklären.
Die beiden Künstlerinnen Anetta Mona Chisa (Prag) und Lucia Tkácová (Bratislava) haben sich in einer ihrer Arbeiten dem Phänomen und Vorurteil "blond" auf ganz originelle Weise gewidmet.
Ihre Arbeit Haiku zeigt den Versuch, Blondinenwitze sprachlich so zu verwandeln und auf poetische Ebene zu heben, um bösen Zungen an ihren Platz zu verweisen. So haben Chisa und Tkácová eine Anzahl der im Internet zu Massen nachlesbaren Standard-Partyknüller durch einen English-Japanischen Online-Übersetzer laufen lassen und dann die Japanische Übersetzung wieder zurück ins Englische übersetzt.
Vorausgesetzt dem Wissen, daß es in der japanischen Sprache im Vergleich zur englischen oder deutschen keinen Plural gibt, keinen Fall, keine Artikel oder grammatisches Geschlecht, kann das Ergebnis mit einem Wort zusammengefasst werden: Haiku. Dies widerum ist eine traditionelle und hochkomplizierte japanische Dichtungsform, die aus einer bestimmten Anzahl von Silben in einer bestimmen Aneinanderreihung metrischer Phrasen komponiert wird, niedergeschrieben natürlich in traditioneller vertikaler Anordnung. Und somit entstehen profane Drei- oder Zweizeiler (übrigens die festgelegte Länge) wie:
How the blonde which is fridge
You had known
Lipstick of cucumber
Oder
How the blonde of her knees is obtained?
It comes.
Witzexperten könnten diese mühelos auf ihre Originalvorlage zurückführen. Bei Haiku steht nicht das unmittelbare Deuten und Verstehen im Vordergrund sondern die Beobachtung und Reflektion einer Momentaufnahme, die das Haiku oftmals darstellt.
Somit offenbart sich wohl auch der höhere Sinn des Inhalts.
"Übersetzt" man die japanische Bedeutung nun auf jene der Blondinenwitze, kommt nur eines in den Sinn: das Fehlen eines solchen von der ersten bis zur letzten Silbe.
Haiku war als Teil der Einzelausstellung Footnotes to Business, Footnotes to Pleasure
in der Galerie Christine König zu sehen.
Die beiden Künstlerinnen Anetta Mona Chisa (Prag) und Lucia Tkácová (Bratislava) haben sich in einer ihrer Arbeiten dem Phänomen und Vorurteil "blond" auf ganz originelle Weise gewidmet.
Ihre Arbeit Haiku zeigt den Versuch, Blondinenwitze sprachlich so zu verwandeln und auf poetische Ebene zu heben, um bösen Zungen an ihren Platz zu verweisen. So haben Chisa und Tkácová eine Anzahl der im Internet zu Massen nachlesbaren Standard-Partyknüller durch einen English-Japanischen Online-Übersetzer laufen lassen und dann die Japanische Übersetzung wieder zurück ins Englische übersetzt.
Vorausgesetzt dem Wissen, daß es in der japanischen Sprache im Vergleich zur englischen oder deutschen keinen Plural gibt, keinen Fall, keine Artikel oder grammatisches Geschlecht, kann das Ergebnis mit einem Wort zusammengefasst werden: Haiku. Dies widerum ist eine traditionelle und hochkomplizierte japanische Dichtungsform, die aus einer bestimmten Anzahl von Silben in einer bestimmen Aneinanderreihung metrischer Phrasen komponiert wird, niedergeschrieben natürlich in traditioneller vertikaler Anordnung. Und somit entstehen profane Drei- oder Zweizeiler (übrigens die festgelegte Länge) wie:
How the blonde which is fridge
You had known
Lipstick of cucumber
Oder
How the blonde of her knees is obtained?
It comes.
Witzexperten könnten diese mühelos auf ihre Originalvorlage zurückführen. Bei Haiku steht nicht das unmittelbare Deuten und Verstehen im Vordergrund sondern die Beobachtung und Reflektion einer Momentaufnahme, die das Haiku oftmals darstellt.
Somit offenbart sich wohl auch der höhere Sinn des Inhalts.
"Übersetzt" man die japanische Bedeutung nun auf jene der Blondinenwitze, kommt nur eines in den Sinn: das Fehlen eines solchen von der ersten bis zur letzten Silbe.
Haiku war als Teil der Einzelausstellung Footnotes to Business, Footnotes to Pleasure
in der Galerie Christine König zu sehen.
Sunday, March 15, 2009
Issey Miyake
„In einer Welt, in der Grenzen gesprengt und Tag für Tag vor unseren Augen neu gezogen werden, bleiben, meiner Empfindung nach, die Menschen ohne festen Bezugspunkt zurück,“ erklärte Issey Miyake in einer Vorlesung am Londoner Central Saint Martins College of Art and Design. „Ich halte Grenzen sogar für notwendig. Immerhin sind diese das Ergebnis von Kultur und Geschichte. Aber statt der Steinmauern der Vergangenheit erhoffe ich mir transparente Grenzen.“
Obwohl Miyake mit seinen Konzepten der Vision einer globalen Kultur wohl sehr nahe kommt, zählt er als Pionier des als heute bekannten und bewunderten „japanischen Designs“. In Japan gilt auch heute noch die Tradition, dass der Stoff im Mittelpunkt steht und den Körper umhüllt, umgekehrt der westlichen Auffassung, den Körper möglichst vorteilhaft zu betonen. Issey Miyake befasst sich intensiv mit der Beziehung von Körper und Stoff. Nicht nur verwischt er die Grenze zwischen Körper und Material, sondern er macht sie gewissermaßen unsichtbar.
Issey Miyakes Philosophie und kreative Energie fasziniert umso mehr, wenn man über seine Kindheit weiß, über die er nicht gerne spricht. Geboren wird Miyake am 22. April 1938 in Hiroshima, sieben Jahre vor der bekannten Katastrophe, bei der er seine Mutter verliert. Seitdem hat er seinen blick immer nach vorne, in die Zukunft gerichtet.
Obwohl er einerseits versucht, die Kimonokultur zu durchbrechen, bindet er andererseits die japanische Tradition der handwerklichen Verarbeitung und Materialauswahl stets mit ein. „Es ist notwendig, dass auch in Zukunft alle, und nicht nur eine kleine Anzahl Auserwählter, das traditionelle Handwerk überall auf der Welt zu schätzen wissen. Das kann man nur erreichen, indem die Tradition mit Hilfe neuer Technik wieder modern gemacht wird. Wenn es uns nicht gelingt, die Tradition dem heutigen lebensstil anzupassen - was Funktion und Preis betrifft - dann kann es sein, dass sie ausstirbt,“ erzählt er Mark Holborn, Autor des Buches Issey Miyake.
In seinen Präsentationen bedient er sich nie dem konventionellen Laufsteg. Er lässt seine Models durch ein Tokioter Parkhaus mit acht Stockwerken laufen; in einer anderen Präsentation „Issey Miyake and Twelve Black Girls” (1976) tragen zwölf schwarze Models, darunter übrigens die legendäre Grace Jones, hautenge Kreationen des Meisters. Anfang der 1980er Jahre benutzt er für eine Schau das Deck eines im Hudson River verankerten Flugzeugträgers.
Einen Meilenstein in Sachen Stoffverarbeitung setzt er Anfang der 1990er Jahre mit der Linie „Pleats Please”, indem er den prozess des plissierens (in falten legen) einfach umkehrt. Anstatt wie üblich Polyester unter Hitzeeinwirkung zu plissieren und dann nach schnitt zu fertigen, gibt er den bereits fertigen Zuschnitt in die Faltenpresse und experimentiert zusätzlich mit verschiedenen Stoffen.
Ein wichtiger Bestandteil seiner arbeit ist das konstante weiterentwickeln seiner Konzepte. Durch das ständige Vorwärtsbewegen scheint er die Zukunft förmlich in die Gegenwart transferieren zu wollen. Und dieser verleiht er durch Kollaborationen wie mit Choreograph William Forsythe (bis 2004 am Frankfurter Ballett) immer wieder ein neues Gesicht. Der Issey Miyake Concept-Store in New York ist von Stararchitekt Frank Gehry entworfen.
Mein Artikel in voller Länge nachzulesen in der März Ausgabe von pool_26
oder
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=607&iid=26
Obwohl Miyake mit seinen Konzepten der Vision einer globalen Kultur wohl sehr nahe kommt, zählt er als Pionier des als heute bekannten und bewunderten „japanischen Designs“. In Japan gilt auch heute noch die Tradition, dass der Stoff im Mittelpunkt steht und den Körper umhüllt, umgekehrt der westlichen Auffassung, den Körper möglichst vorteilhaft zu betonen. Issey Miyake befasst sich intensiv mit der Beziehung von Körper und Stoff. Nicht nur verwischt er die Grenze zwischen Körper und Material, sondern er macht sie gewissermaßen unsichtbar.
Issey Miyakes Philosophie und kreative Energie fasziniert umso mehr, wenn man über seine Kindheit weiß, über die er nicht gerne spricht. Geboren wird Miyake am 22. April 1938 in Hiroshima, sieben Jahre vor der bekannten Katastrophe, bei der er seine Mutter verliert. Seitdem hat er seinen blick immer nach vorne, in die Zukunft gerichtet.
Obwohl er einerseits versucht, die Kimonokultur zu durchbrechen, bindet er andererseits die japanische Tradition der handwerklichen Verarbeitung und Materialauswahl stets mit ein. „Es ist notwendig, dass auch in Zukunft alle, und nicht nur eine kleine Anzahl Auserwählter, das traditionelle Handwerk überall auf der Welt zu schätzen wissen. Das kann man nur erreichen, indem die Tradition mit Hilfe neuer Technik wieder modern gemacht wird. Wenn es uns nicht gelingt, die Tradition dem heutigen lebensstil anzupassen - was Funktion und Preis betrifft - dann kann es sein, dass sie ausstirbt,“ erzählt er Mark Holborn, Autor des Buches Issey Miyake.
In seinen Präsentationen bedient er sich nie dem konventionellen Laufsteg. Er lässt seine Models durch ein Tokioter Parkhaus mit acht Stockwerken laufen; in einer anderen Präsentation „Issey Miyake and Twelve Black Girls” (1976) tragen zwölf schwarze Models, darunter übrigens die legendäre Grace Jones, hautenge Kreationen des Meisters. Anfang der 1980er Jahre benutzt er für eine Schau das Deck eines im Hudson River verankerten Flugzeugträgers.
Einen Meilenstein in Sachen Stoffverarbeitung setzt er Anfang der 1990er Jahre mit der Linie „Pleats Please”, indem er den prozess des plissierens (in falten legen) einfach umkehrt. Anstatt wie üblich Polyester unter Hitzeeinwirkung zu plissieren und dann nach schnitt zu fertigen, gibt er den bereits fertigen Zuschnitt in die Faltenpresse und experimentiert zusätzlich mit verschiedenen Stoffen.
Ein wichtiger Bestandteil seiner arbeit ist das konstante weiterentwickeln seiner Konzepte. Durch das ständige Vorwärtsbewegen scheint er die Zukunft förmlich in die Gegenwart transferieren zu wollen. Und dieser verleiht er durch Kollaborationen wie mit Choreograph William Forsythe (bis 2004 am Frankfurter Ballett) immer wieder ein neues Gesicht. Der Issey Miyake Concept-Store in New York ist von Stararchitekt Frank Gehry entworfen.
Mein Artikel in voller Länge nachzulesen in der März Ausgabe von pool_26
oder
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=607&iid=26
Interview Dai Fujiwara
Dai Fujiwara, creative director of Issey Miyake, talks about his work and the importance of a successfull combination between tradition and technology.
SP: Mr Dai Fujiwara, you have been with Issey Miyake since 1994 and are now the creative director.
How important was this process to absorb the philosophy if Issey Miyake and to mature your own strength and ideas as designer?
DF: I am very thankful for the experience and opportunities that have opened up and allowed me to break existing barriers and to explore new dimensions. My personal work ethics are deeply rooted in teamwork. Mr. Miyake and I also regularly spend time together to exchange opinions about different aspects of clothing and fabrics.
SP: What do you consider the biggest challenge in your work?
DF: It is about developing new ideas and concepts, and to exceed our clients’ expectations.
SP: What does tradition mean to you?
DF: It is the appreciation of a kind of concealed contentment and quality which will grow over the course of time.
SP: How important do you consider the balance of tradition (handcraft) and modern technology?
DF: Issey Miyake has always been interested in keeping the balance between excellent craftsmanship and technological innovation. Still, for our concepts, the need of human hand is indispensable.
SP: In your work you are constantly moving between “today” and “tomorrow”. How do you keep your focus on essential things?
DF: At the end of each day, I try to get comfortable, listen to some music and reflect on what I did during the day. But I also have great expectations for the next day. In addition, I like to boost my concentration with candy, without which I could rarely solve a task. My relation to sweets is similar to a bear’s relation to honey.
SP: How do you think the world’s current political and financial situation could change people’s attitude towards fashion?
DF: Perhaps people become more realistic and reflective when asking themselves “What do I want to do?” and “What should I wear?” There might be an increased awareness with regard to selection and purpose.
Read my full interview with Issey Miyake Creative Director Dai Fujiwara
in the March edition of pool_26
or http://www.pool-mag.net/international/content1.html?id=622&iid=26
Photo: Tamotsu Fujii / Issey Miyake
Subscribe to:
Posts (Atom)