Tuesday, December 30, 2008

Kindheit in Gaza / Aljazeera News

Für die Bewohner in Gaza bricht eine vierte schlaflose Nacht in Angst und Sorge um den nächsten Morgen an. Unter ihnen Kinder, die heute durch weitere israelische Angriffe ihre Eltern verloren haben oder zu Halbwaisen geworden sind. Was es heißt, Kind in Gaza zu sein und jeden Tag ohne weitere Erklärung oder Vorwarnung mit fanatischer Kriegsrhetorik, schwer verletzten und sterbenden Menschen durch feindliche Raketen oder Selbstmordattentäter konfrontiert zu werden, zeigt der Sender Aljazeera in einigen aufwühlenden Berichten aus dessen Serie Witness.
Der 14-jährige Ken hat seinen Vater bei einem Luftangriff sterben sehen. Seinem Bruder sind die Narben einiger Splitter für immer auf dem rechten Oberschenkel eingraviert. Für die Betreuung der psychologischen Schäden nach solchen Ereignissen aber fehlen jegliche Mittel. Ken kann die enorme Belastung ohne professionelle Hilfe alleine nicht bewältigen. Die Folge dieser Stress-Situation ist eine Sprachbehinderung, an der er nun leidet.
Ein Mädchen schildert, in der gefassten und sachlichen Manier einer Erwachsenen, ihre Beobachtung über jemanden, dessen Blut und Gehirn sich auf der Straße verteilte, nachdem er sich in die Luft gesprengt hatte. Dann streckt sie plötzlich ihren Daumen in die Höhe. Sie wird gefragt, warum sie das „thumbs up“ demonstriert. Weil dieses Zeichen allen Märtyrern gilt, antwortet sie.

Welche Hoffnung gibt es für diese zerstörte Seelen gefangen in Kinderkörpern?

http://de.youtube.com/watch?v=PTzQOsO32ro
www.aljazeera.net/english

Wednesday, December 17, 2008

Taschen: Big Penis Book

Und am sechsten Tag erschuf Gott den Penis. Ob sich der liebe Gott schon damals um die Frage der Ästhetik, Größe und Lustfaktor bewusst war, als er seinen Prototypen Adam in die Welt entsandte, bleibt wohl das ewige Geheimnis der Schöpfungsgeschichte.

Seit den Anfängen der Menscheitsgeschichte waren Größe und Leistung des männlichen Geschlechtes, gleichsam mit seinem weiblichen Pendant - den Brüsten - beliebtes Thema.
Je nach vorherrschenden Sitten und Regeln war es dann auch immer wieder ein Tabu in Gesellschaft, Kunst und Literatur.
Wie groß nun tatsächlich groß ist, wird nun auf visuell eindrucksvolle Weise im The Big Penis Book (Taschen) ganz ohne Scham und Peinlichkeit dargelegt, in einer Zeitspanne von den 1960ern bis in die 1990er Jahre.

Das Vorwort des Buches behauptet, die Obsession um den Penis sei seit jeher eine männliche. Seine Anatomie wurde schon in früheren Jahrhunderten von Forschern und Penisvermessern erfasst und statistisch ausgewertet. Die Götterverehrung in verschiedenen Kulturen durch das Anbeten großer Penisstatuen war ein durchaus übliches Ritual. Die Anbetung des Penis als Zeichen der Lebensenergie und beschützenden Kraft ist noch heute in einigen Kulturen, wie auf den Sundra Inseln, Bhutan oder sogar Indien, ein praktiziertes Glaubensritual.
Napoleon zum Beispiel konnte den Anblick seinesgleichen ohne Hüllen nicht ertragen. Laut Historikern war seine Auffassung, dass Schönheit und Sexiness keine Männersache sei. Männer sollten Kriege führen, so Napoleons Meinung. Ob insgeheim vielleicht nicht seine allgemein bekannte kleine Körpergröße eine große Rolle spielte, bleibt unbestätigt.
Die männliche und weibliche Sichtweise zu Größe, Ästhetik und Symbolik des Penis veränderte sich im Laufe der Jahrzehnte durch unterschiedliche Moden und Trends. Das heutzutage vorherrschende Ideal eines großen, kräftigen Penis, hinter dem ein richter Mann steht, wirft eine Frage auf: inwieweit eignet sich der Penis eigentlich als Marketing-Objekt?

Interssant dazu ist ein Interview mit dem Fotografen Jay Myrdal, der sich mit der Erfindung des Long-Dong Silver Mythos in den 1970er Jahren einen Namen machte. Besagter Mythos reichte dem Model, einem gewöhnlichen Familienvater, bis zum Knie.
Enstanden ist er durch Myrdal's Talent, sein fotografisches Können technisch perfekt umzusetzen. Im Zeitalter des Photoshop-Grafik-Programmes wäre dies wohl nicht mehr so sehr zur Sensation geraten. Mit seiner Erfindung des „Endlos-Penis“ zählt er unbestritten als Mitbegründer des „Größenwahns“.


Mittlerweile gilt der Penis als Betrachtungsobjekt per se und hat sich vom ehemaligen Stein des moralischen Antosses zu einem passblen Werbemittel entwickelt. Wenngleich in reizvoller „Verpackung,“ die Lust aufs Auspacken machen sollte.
Ein berühmtes Beispiel für die Verkörperung des geltenden (modischen) männlichen Ideals ist der Fußballspieler David Beckham. Sein wohlgeformter Körper wurde unlängst vom Modeschöpfer Giorgio Armani als feines Exampel für Stärke und andauernder jugendlicher Schönheit gewählt. Eine Neuauflage der Gottesanbetung? Was jedoch nicht fehlen darf, ist die Prise an Lust und Begierde, um die Fantasien von Frauen und Männer gleichsam zu stimulieren.

Mehr Aufschluss dazu gibt vielleicht ein Brief von einem heterosexuellen Mann namens "Mr Five Inch", der seinen Gefallen an gut bestückten Männern so erklärt: "Für mich sind Männer mit großen Schwänzen die Jungs, die im großen Sexspiel als Schlagmänner auf dem Platz stehen. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie einer von Ihnen zum Abschlagplatz geht, empfinde ich Stolz auf unsere Mannschaft."
Nun denn, vielleicht arbeitet der liebe Gott mittlerweile ja schon an einigen Verbesserungen am Prototyp. Aber, wenn alle Männer (Penisse) gleich wären, dann wären gewisse Dinge nur halb so interessant, und das ist bekanntlich der ganze Spaß an der Sache.

Artikel in voller Länge nachzulesen unter:
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=578&iid=25

Monday, December 15, 2008

Anish Kapoor: Memory

Man muß denselben Raum gleich zweimal betreten, um sich von Anish Kapoors neuer Arbeit für die Deutsche Guggenheim einen Gesamteindruck zu ermöglichen. Memory ist eine raumfüllende Blase aus rostigem Schiffsstahl, die aus einem bestimmten Punkt der Mauer entspringt und den Raum ungleichmäßig in zwei Hälften teilt.

Interessant ist dabei nicht nur der Blickwinkel, der das Werk jedes Mal aufs Neue offenbart: der erste Anblick überwältigt von der Wucht des stählernen Monstrums, das auf eine Weise (geistig) bezwungen werden muß. Beim zweiten zeigt sich Memory distanziert; zu groß und ungreifbar in seiner Form, als das es jemals ganz erfasst werden kann. Die Mechanismen des eigenen Erinnerungsvermögens scheinen plötzlich spürbar nahe. Memory spiegelt die eigene Erinnerung, wie sie meist ohne weitere Erklärung im (gedanklichen) Raum steht, als wäre sie schon immer da gewesen. Nur das Wissen um ihre Herkunft scheint verloren gegangen.
Diese Deutung lässt sich auch auf andere von Kapoors Skulpturen übertragen, wie Marsyas für die Tate Modern oder Cloud Gate.
Der Künstler definiert den Begriff Raum indem er seine Objekte wie einen Fremdkörper in diesen einsetzt und somit die perfekten Rahmenbedingungen für eine Auseinandersetzung mit dem Raum-Zeit Gefühl steckt. Die Frage, ob sich ein Raum gedanklich überhaupt erschließen lässt und in welchem Verhältnis dazu die Erinnerung steht, wird durch den unerwartet möglichen Einblick in das Cortenstahl-Kunstwerk, für den ein drittes Mal Perspektive und auch Raum gewechselt werden muß, leider größtenteils beantwortet.
Die Spannung und das Mysterium, welche das Werk mit seiner bloßen äußerlichen Form aufzubauen vermag, wird durch die Einsicht in sein „Innenleben“ leider preisgegeben. Wenngleich die Erinnerung in ihrem ureigenen Element stets unfassbar bleibt: ein großes schwarzes Loch, dessen Abgrenzungen entweder ein abruptes Ende nehmen oder Unendlichkeit nur erahnen lassen.
Beim genaueren Beobachten macht sich ein leichter Summerton im nach feuchtem Rost riechenden Leerraum bemerkbar. Vielleicht ein Hinweis auf eine ähnliche Funktion des menschlichen Verarbeitungsprozesses?

Keines der 154 nahtlos ineinander gefügten Teile von Memory gleichen einander in Größe oder Form. Sie verwandeln sich zu symbolischen Fragmenten an Eindrücken und Erlebten, das sich für immer in das Gedächtnis eingebrannt haben. Bei Kapoors Werk gibt es in diesem Fall nicht einmal den Moment des ganzheitlichen Erlebten. Memory spielt mit dem fehlerhaften Mechanismus unserer Erinnerung. Das vergebliche Bemühen, sich an etwas Großes und Vollkommenes zu erinnern, das man glaubt von irgendwo zu kennen.

30. November 2008 – 01. Februar 2009
Deutsche Guggenheim, Unter den Linden 13,
10117 Berlin
www.deutsche-guggenheim.de

Sunday, December 14, 2008

Designer Maxim Velcovsky

In seiner Jugend stellte der tschechische Designer Maxim Velcovsky mit Begeisterung Coca Cola Dosen in seinem Zimmer aus, die er aus dem Müll der Botschaftshäuser sammelte. Nun arbeitet er daran, Rost endlich salonfähig zu machen und wartet geduldig auf die NASA, bis sie ihr getestetes Material endlich in die Spielwiese der Designer entlässt. Velcovskys Talent ist gleichsam ein Zaubertrick: alten Ideen wird die Form abstreift, um ihnen eine neue Funktion zu gegeben.

Maxim Velcovsky hat traditionelles Design aus Glas und Porzellan stets aus einem anderen Blickwinkel interpretiert. Dieser Ansatz entspringt seinen tief verhafteten tschechischen Wurzeln, wo die Herstellung von Glas und Porzellan einen besonders hohen Stellenwert besitzt. Für seine herausragenden Glas- und Porzellan-Kreationen wurde er im Jahre 2007 vom renommierten Design-Magazin &fork unter die 100 außergewöhnlichsten Designer des Jahres gereiht.

SP: Dear Maxim, how do you find pleasure in what you do?
MV: I really enjoy this feeling of being able say something through the object.... that makes people realize something. It makes me happy when people react to my projects; when I feel that it makes them laugh or even angry. When they stop and look at it, showing some sort of emotion rather than passing by.

SP: What aspect do you find particularly challenging in being a designer?
MV: Trying to see the different topics and nuances within design itself; and to always try to challenge the context and to find new technologies. Things look and feel differently in different places. Design is also about how things are displayed.
I’d love to experiment with new materials, like to create glass out of corn or use other technologies that have been tried by NASA for instance. There are lots of fantastic materials they work with but it will take time until we will have access to them.

SP: How important is humor for you and in your work?
MV: Humor is very important in life. It often helps describing a situation or culture in a certain way.

SP: Do you have a steady source of inspiration?
M: I find inspiration wherever I go. We get influenced by our surroundings. I think it matters where you grew up as a kid and which objects and toys you were playing with; which glasses you were drinking from.
I grew up during communism where there was no competition, no design scene at all. Factories, for instance, just produced one kind of design for a decade. One always felt intrigued when going around to friend’s places and could could feel that people are improvising to improve their immediate living surroundings.

SP: A part of your work also engages with the concept of giving „old“ objects a new meaning, a process you call „restarting“. Where did the idea come from?
MV: I would say it does go back to my Czech roots and the love for craftmanship.
When I grew up for example, building-material was not readily available in shops so people started to collect and assemble things themselves. The most famous example being the greenhouse made out of empty gherkin jars (for growing tomatoes) that people would build in their gardens after they managed to collect about 500 of them. It was built like a proper brick building.

SP: Can you give a couple of examples of „restarted“ objects?
MV: The rubber boot or boot vase would be an example: I turned an ordinary rubber boot into a luxury porcelain vase. Before the shoe or the object was protecting against water and now it keeps the water. By convincing people about the opposite function you somehow instigate a change. Through my work I want to point out the fact that people sometimes don’t realize that they are being told how things are all the time; communism was a great example for that.


SP: Can you imagine being anything else than a designer?

MV: Not really. Perhaps a sitcom writer if at all. I’d like the idea of creating a sitcom.


SP: Your idol?
MV: I quite like Tapio Wirkalla. He is responsible for the original design of the Finlandia bottle and thousands of other
fantastic shapes.

Text in voller Länge nachzulesen auf Deutsch und Englisch in der Dezember Ausgabe von pool Magazine und unter
http://www.pool-mag.net/content1.html?id=590&iid=25

Tuesday, December 9, 2008

Buttons @ Galerie Christine König

Ein asiatischer Koch macht Pause: mitten auf dem Gehsteig liest er unbeirrt, wie andere am Frühstückstisch, seine Zeitung; ein Arbeiter in der Subway löffelt bedacht seine Schale Vanilleeis, sinniert über jeden zu sich genommenen Bissen. Buttons nennen sich die kurzen Clips vom New Yorker Künstlerkollektiv Red Bucket Films bestehend aus Josh und Benny Safdie und deren Highschool-Freund Alex Kalman. Nie verlassen sie ohne Pocketkamera das Haus, sind ständig auf der Suche nach dem menschlichen Kern in den kleinen Momenten des Lebens. Ihre dokumentarischen Film-Bites porträtieren das Alltagsleben im Big Apple fern von Licht-Klappe-Action.
In den oft nicht mehr als 10-Sekunden-langen Szenen, zeichnet sich versteckt ein slapstickartiger Buster-Keaton-Humor ab, den die Künstler auch zufällig verehren. Die „Mitwirkenden“ bemerken die Kamera nicht oder schenken ihr nur wenig Beachtung. Ihre Stimmen und die Geräusche des Umfelds bestärken die Authentizität der gezeigten Echtzeit-Kulisse.
Buttons könnten mitunter wie eine wahllose Aneinanderreihung unspannender Strassenszenen wirken: ein alter Mann, der seine Hose bis über den Bauch gezogen hat, lehnt mit gespreizten Füßen an einer Liftfasssäule, eine Lederaktentasche baumelt in seiner Hand.
Wären da nicht dessen treffende Titel wie „An Afternoon Lean“, die, ähnlich den Zwischentiteln eines Stummfilms, in die darauffolgende Handlung einführen - ohne jedoch die Pointe zu verraten. Somit verwandeln sich die Buttons in zeitgenössische Gedichte, die gleichsam den Humor und die Härte der Straße schildern. Offen bleibt, ob und wie die visuellen Gedichte auch außerhalb ihres vertrauten Umfelds ihre poetische Komik bewahren können. Den Buttons aus Berlin oder Montenegro beispielsweise misslingt der Versuch, den ortsspezifischen Humor und Melancholie zu interpretiren und in ihre gewohnte Situationskomik zu übertragen. Es fehlt an dieser bestimmten Art der Leichtigkeit. Gemeint ist damit diese typische New Yorker „Funkyness“: ein Stilmittel, das man dort ganz einfach so auf der Straße findet.
Gezeigt wurden die Buttons bereits im Sommer im Rahmen der Dali und Bunel MoMA-Rooftop Film Screening in New York.

14. November – 23. Dezember 2008
Galerie Christine König, Schleifmühlgasse 1 A, 1040 Wien
www.christinekoeniggalerie.at
www.redbucketfilms.com