Zoliswa Gila wurde in Umtata, der Hauptstadt der Transkei (Provinz Ostkap) geboren, unweit von Mandelas Geburtsort Qunu. Mit neun Jahren ist sie nach Kapstadt gekommen und lebt im Township Philippi, das mit ca. 150,000 Einwohnern neben Khayelitsha zu den größeren in der Umgebung zählt.
Sie ist die einzige Frau Südafrikas, die derzeit als Kranführerin am Green Point Stadium für die WM 2010 baut - Zoliswa Gila über Hoffnungen und Wirklichkeiten am Kap.
der Standard: Sie arbeiten als Südafrikas einzige Kranführerin auf der Baustelle des neuen Fußballstadions in Kapstadt, das für die WM 2010 gebaut wird. Was ist die größte Herausforderung in Ihrem Job?
Zoliswa Gila: Das Rauf- und Runterklettern ist mittlerweile Routine. Schwierig ist es, 10-Tonnen-Lasten zu heben und Zement zu gießen. Ich war sehr nervös, als ich hier vor drei Jahren angefangen habe und plötzlich den Druck zu spüren bekam, die einzige Frau unter 18 Kranführern zu sein. Es war mein erster Job nach meiner Ausbildung. Niemand schien mir zu vertrauen. Mein Vorgesetzter hat mich zunächst in einen anderen Sektor versetzt, weil manche Männer sich am Anfang geweigert haben, mit mir zusammenzuarbeiten.
der Standard: Wie konnten Sie sich schließlich unter Ihren männlichen Kollegen behaupten?
Gila: Ich saß in meinen 90 Meter hohen Kran und habe eine Ladung nach der anderen aufgehoben, während mich alle mit Argusaugen beobachteten. Aber keine meiner Ladungen hat geschwankt! Danach haben sie mir vertraut. Heute wollen alle mit mir zusammenarbeiten. Trotzdem erlaube ich mir keine Fehler. Bestimmt würde es sofort heißen: Weil sie eine Frau ist! Aber ein Kran ist nichts, wovor man Angst haben muss. Es ist nur eine Maschine, die ich steuere. Bediene ich das Ding unachtsam, reagiert es dementsprechend.
der Standard: Welche Auswirkungen wird die im nächsten Jahr stattfindende Fußball-WM für Ihr Land haben - oder lenkt die Euphorie nur von den wirklichen Problemen ab?
Gila: Von meiner Warte aus gesehen, hatte ich vor dem Bau des Stadions keinen Job. Ich habe Fleisch aus Metzgereien weiterverkauft, um etwas Geld zu verdienen, um so für meine Familie und Geschwister zu sorgen. Da meine Eltern vor ein paar Jahren gestorben sind, liegt die Verantwortung bei mir. Mein Bruder hat wenig Glück bei seiner Arbeitssuche; mein Mann ist Busfahrer bei Greyhound und verdient nicht viel. Die WM wird sicher nicht das Leben aller Menschen hier verändern können, aber bestimmt von einigen. Ich bin dankbar für die Ausbildung und die nötige Praxis, mit der ich nun überall arbeiten kann. Aber ehrlich gesagt, hatte ich mir für diesen Beruf aufgrund der Verantwortung, die er mit sich bringt, eine bessere Bezahlung erwartet. Die neue Regierung sollte sich dringend um eine Festsetzung von angemessenen Mindestlöhnen kümmern. Zumindest bessern die vielen Überstunden meinen Verdienst auf.
der Standard: Unterstützen Sie den vorangegangenen Streik und die Forderung von 13 Prozent mehr zum derzeitigen Durchschnittslohn von Euro 250?
Gila: Es ist nur fair, uns entsprechend zu bezahlen. Meine Miete beträgt schon 30 Euro, der Transport zur Arbeit weitere 20 Euro pro Monat. Wir sind schließlich diejenigen, die hart arbeiten. Andererseits haben wir auch keine Wahl. Jede Arbeit ist besser, als zu Hause zu sitzen.
der Standard: Warum wollten Sie überhaupt Kranführerin werden?
Gila: Es ist ein großartiges Gefühl, dort oben zu sitzen. Ich kann bis nach Robben Island (ehem. Gefängnisinsel vor Kapstadt, auf der Mandela 18 Jahre Haft abgesessen hat, Anm.) sehen. Und ich hätte es mir nie träumen lassen, aber aus mir ist plötzlich ein "Star" geworden (lacht). Aber eigentlich ist dieser Job nur meine zweite Wahl. Mein großer Traum ist es nach wie vor, Pilotin zu werden. Leider fehlt mir für diese Ausbildung das Geld. Unlängst hat mich die Stadt Kapstadt zu einer Tour in einem Helikopter eingeladen, als ich davon erzählt habe. Das war nicht nur mein erster Flug, sondern auch einer der schönsten Tage meines Lebens.
der Standard: Wenn Sie in der Lotterie eine Million Rand gewinnen würden, was würden Sie machen?
Gila: Viele Leute in meinem Township gehen ohne Essen schlafen und haben kein Dach über dem Kopf. Ich denke oft an sie, und das sind keine schönen Gedanken. Mit viel Geld würde ich ein Obdachlosenheim bauen und Leute anstellen, die für sie kochen.
Interview in voller Laenge nachzulesen in
DER STANDARD/Printausgabe 25.Juli./26.Juli 2009
http://diestandard.at/1246542990715/Da-habe-ich-mitgeholfen
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