Saturday, June 6, 2009

Besuch bei Air in Paris

Air alias Nic Godin und Jean-Benoît Dunckel tauchen aus
einem dunklen Gang zu meiner Linken auf; beginnen erst
einmal mit Smalltalk. Zehn Jahre lang, erzählen sie, haben sie
nach dem perfekten Ort für ihr Studio gesucht. „Wir haben
sogar einen richtigen Architekten für den Umbau beauftragt“,
freut sich JB, wie Jean-Benoît sich selbst nennt.
Im Aufnahmeraum lagert, alles ein bisschen durcheinan-
der, das Instrumentarium des Air-Sounds: ein Regal voller
Wah-Wah-Pedale, acht Verstärker, vier E-Gitarren (darunter
eine Barry Rhodes), ein Glockenspiel, große und kleine
Handtrommeln. Unter dem Fenster, das das Studio und den
Aufnahmeraum verbindet, steht ein Koto, ein japanisches
Zupfinstrument, dessen Vorfahre auf die chinesische Zither
zurückgeht. Ein Jahr lang hat Nic bei einer japanischen Koto-
Meisterin in Paris gelernt, mit der Air zusammen im Centre
Pompidou aufgetreten ist.

Hier im privatesten Refugium der Band, wo die Zeit kaum eine Rolle
spielt und die Welt draußen vor der Tür warten muss, kann
ich die Frage stellen: Wie zeitlos kann Air sein oder wie sehr
ist Air in unserer Zeit verhaftet?
JB sitzt auf einem schwarzen Ledersofa, trägt Nadel-
streifhosen, über dem Hemd einen Pullunder, und spricht
mit angenehm ruhiger Stimme. „Wir sind so etwas wie eine
Einheit mit zwei Köpfen und vier Händen“, grinst JB. „Das
sollten wir besser nicht näher ausführen“, grinst Nic zurück.
Er und JB sind beide 39, Familienväter, und sie wirken doch
wie gerade mal erwachsen gewordene Jungs. JB beschäftigt
die Frage nach der Definition von Zeit schon lange. Ein
künstlerisches Werk mit einem Zeitfaktor von, sagen wir,
einer Million zu multiplizieren, sei schon schwierig genug,
meint er, aber sich vorzustellen, dass es dann noch immer
existiert ... Aus ihm spricht der Mathematiker, der er
ursprünglich werden wollte. Nic wandert kurz durchs Stu-
dio und pfeift eine Melodie. „Für mich zeigt es nur“, fährt JB
unbeirrt fort, „dass eines Tages alles aufhört zu existieren ...

Mein Interview mit Air in voller Länge nachzulesen
in der Mai-Ausgabe 2009 von
Fleisch

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